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Märkische Allgemeine (MAZ)
Potsdam 28.07.2008

„Die Zeit ist reif, ick bin am dransten“


Man nimmt sie ihr ab, die „Tausendundeineschlacht“, mit der sich Ute Apitz herumgeschlagen hat und es immer noch tut. In deren Folge versucht sie sich jetzt als Klara Fall auf den kleinen Kabarettbühnen. Nach der Premiere im Mai in Frankfurt (Oder) war die Vorstellung ihres Programms im Lesecafé in der Hebbelstraße erst die zweite ihrer Art und sogar ein Novum für das Café, in dem bisher ausschließlich Lesungen stattgefunden hatten. Für ein gutes Dutzend genussvoller Zuschauer erzählte, las, sang und tanzte die Frau, „deren Namen man sich jetzt wohl merken muss“ (so eine Zuschauerin) am Freitagabend – stets in liebevoller Begleitung ihres „Hofkapellmeisters“ Gerd Sulgur, kein Unbekannter unter den Gitarrenvirtuosen Potsdams.


Die Suche nach des Pudels Kern

Es geht um das unerschöpfliche Leben an sich, die Suche nach des Pudels Kern und den ewigen Beziehungskram. Die Leidenschaft am Kochen halten, wenn man denn schon einen Mann an der Seite duldet (denn eigentlich sind sie ja überflüssig, sie bekommen schlechte Kopfnoten von Ute Apitz), und sich dabei doch nicht ganz verlieren und womöglich ein Fall für den Therapeuten werden – das sind die Schlachten, von denen die durchweg von ihr selbst geschriebenen Texte zeugen. „Mein Therapeut, der hat gesagt, ick soll ma trauen“, singt sie denn und traut sich, in der Wohnzimmeratmosphäre und im steten Blickkontakt mit den Gästen, wo kein Spotlicht den Zuschauerraum verblendet und kein Mikrofon die Stimme verfremdet. „Ich will klein anfangen, es kommt dann schon“, erzählt Ute Apitz in der Pause bei einer Zigarette auf dem sommerwarmen Bürgersteig. „Meine Regisseurin hat gesagt, wenn du vor einem Zuschauer genauso gut spielst wie vor hundert, dann isses gut.“ Also singt sie „Die Zeit ist reif, ick bin am dransten“, singt vom Morgenblues, der sie spätestens dann erwischt, wenn sie nach dem Aufwachen in den Spiegel schaut, singt von Wut und ihrer Sehnsucht nach Nächten an der Bar, aber auch nach einem Millionär, mit dem sie so gern ihr perfektes Leben im Jetlag und den Boutiquen von Joop und Lagerfeld verbringen würde.


Urmenschliche Zerrissenheit

Ein wenig inkonsequent oder doch wieder Zeugnis ihrer urmenschlichen Zerrissenheit das Liebeslied „Alles was fehlte warst du“, und ein bisschen, als schämte sie sich dieser unemanzipatorischen Weichheit, wirft sie ein auf Italienisch getrimmtes Nonsensgedicht hinterher, schnell zurück zum unverbindlichen, heiteren Tagesgeschäft.

Steffi Pyanoe