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Märkische Allgemeine (MAZ)
Potsdam 20./21.4.2013

„Dit is Falkenseer Deutsch“


Ute Apitz schwebt als Pegasuse über Kleinkunstbühnen

FALKENSEE - Erst einmal wird der Götterhimmel der Griechen verberlinert. Pegasus und Bellerophon, Medusa und Proitos, Chimäre und Amazone – alles wird von Ute Apitz verdichtet und das in Berliner Mundart. Oder so ähnlich. Denn „Dit is Falkenseer Deutsch“ behauptet die Frau, das hat sie schon während ihrer Kindheit oft zu hören bekommen.

Am Donnerstagabend war die Autorin und Kabarettistin in der Falkenseer Buchhandlung „Die Leseratte“ zu Gast, hatte zu einer „Liederlichen Lesung“ mit eigenen Texten, Gedichten und Liedern geladen.

Das mit dem „Liederlichen“ hat schon mal jemand missverstanden. Doch bei Ute Apitz bezieht sich das vor allem auf ihre Gitarre. Aber auch das Doppeldeutige des Wortes scheint zu der Frau zu passen. Immer mal wieder suchte sie am Donnerstag nach Liedern und Texten, fragte sich und ihr Publikum schon Mal „Ja, was les’ ich denn als Nächstes. Ach ne, das hatt’ ich schon.“ Kann ja sein, dass sie souveräner improvisiert, wenn sie nicht derart stark erkältet ist wie vorgestern. Mit einem gelegentlichen Schluck aus der hustenstillenden Spitzwegerich-Flasche gelang es ihr jedoch ganz gut, durch den Abend zu kommen. Zwei Dutzend Zuhörer waren in die Buchhandlung gekommen, erweisen sich als freundliches und aufgeschlossenes Publikum.

Ute Apitz ist Halb-Falkenseerin. Geboren in Nauen kam sie als Kind nach Falkensee. Schon früh hatte sie ihre Liebe zur Bühne entdeckt, hatte in der Schule Theater gespielt, war Tambourine und Trommlerin im Fanfarenzug, später lernte sie Schlagzeug, tourte eine Weile mit einer Band durchs Land. Da hatte sie jedoch Falkensee schon in Richtung Frankfurt/Oder verlassen. Hier wurde sie zum Facharbeiter für Nachrichtentechnik – eine wegweisende Begegnung. Denn ihr Ausbildungsbetrieb, die Deutsche Post/Fernmeldewesen, hatte ein Kabarett. „Das waren die Poststichlinge, da bin ich einfach hingegangen und habe mitgemacht“, erzählt Ute Apitz. Das waren noch keine eigenen Texte, sondern ausgesuchte Stücke, Sketche. Gut für Bühnen von Stadtfesten oder Betriebsfeiern. „Gut für Ökolei“, sagt Ute Apitz da lachend und erinnert sich an den ökonomisch-kulturellen Leistungsvergleich zwischen den Brigaden in den Betrieben. Irgendwie gab’s aber doch Ärger, Ute Apitz ging nicht wählen, die Kabarett-Arbeit wurde ihr untersagt. Die Stichlinge stichelten nicht mehr.

1986 wagte sie den Neuanfang. Sie gründete ein neues Postkabarett, nannte es „Blitzschlag“. Sie bildete sich weiter, nahm Gesangunterricht, besuchte in Leipzig eine Spezialschule für Leiter des Künstlerischen Volksschaffens, schrieb eigene Texte und Lieder. „Es wurde immer mehr“, beschreibt Ute Apitz den Prozess. Sie wurde 1990 in den Vorstand der Bundesvereinigung Kabarett gewählt, sie machte beim Freien Theater Frankfurt/Oder mit, sie leitete die Redaktion der Publikation „Pointe“. Sie nahm Unterricht im orientalischen Tanz und besuchte jahrelang das Falkenseer Tanzstudio „Tausendundeine Nacht“. Denn vor zehn Jahren zog sie in Richtung Heimat, heute lebt sie in Falkenrehde.

Von ihrem Lebenspartner Telekom hat sie sich 2006 getrennt, seitdem ist sie als freischaffende Kleinkünstlerin unterwegs. Als solche hat sie die „Pegasuse“ erfunden und daraus ein Kabarettprogramm gestrickt. Einen bisschen daraus hatte sie zu ihrer Falkensee-Lesung im Gepäck. Daneben hatte sie Gedichte und Kurzgeschichten voll heiter-selbstironischer Beobachtungen mitgebracht, mal als Hommage an eine Stadt, mal als gefühlvolles Liebeslied ohne Pathos verpackt. Mit sparsamen, aber stets passenden Gesten unterstrich sie ihren Vortrag zwischen den Bücherregalen. Das überwiegend weibliche Publikum war auf der Seite der sympathischen Un-Frau: Die bestand darauf, unabhängig, unanständig, ungemütlich, unentbehrlich, unbestechlich, ungeduldig, unwiderstehlich sein zu wollen.

Die nächste Lesung im Buchladen „Die Leseratte“, Spandauer Straße 188, von Falkensee, ist für den 14. Juni angekündigt. Es kommen „Die mörderischen Schwestern“.

Von Marlies Schnaibel